Abschalten heisst Einschalten – Weshalb Nichts tun manchmal effizienter ist

Ich hatte heute einen äusserst produktiven Vormittag. Ich habe mein Handy in meiner Handtasche vergessen und munter eins nach dem anderen erledigt, ohne grosse Ablenkung. Gefehlt hat mir nichts, vorwärts gekommen bin ich wunderbar.
Meine Handy Abstinenz hat mit einem spannenden Artikel zu tun, den ich auf dem Hinflug in meine Ferien gelesen habe. Es ging um Ablenkung und besonders den Umgang mit neuen Technologien. Stutzig gemacht haben mich vor allem die Erkenntnisse des Neuropsychologen Theo Compernolle, dass die ganzen neuen Technologien (Smartphones, Tablets etc.) vor allem den ältesten Teil unseres Hirns aktivieren, den Hirnstamm. Denn dieser reagiert besonders auf sinnliche Veränderungen wie Lichter, Bilder und Geräusche.

 

„Der Hirnstamm arbeitet schnell, weckt Aufmerksamkeit in Bruchteilen von Sekunden, bevor man bewusst darüber nachgedacht hat. Für unsere Vorfahren in der Savanne war das blitzschnelle Reagieren wichtig fürs Überleben. Aber heute ist es von Nachteil, wenn man ständig abgelenkt wird. Wir brauchen in Job und Alltag eher die Fähigkeiten des Grosshirns, das reflektiert, auswählt, bewertet. Es kann seine Arbeit jedoch oft nicht mehr tun, weil der Hirnstamm alle Aufmerksamkeit absorbiert. „

Theo Compernolle aus dem Artikel, All die schönen Ablenkungen, Magazin flow Nr 17

Beeindruckt durch die Erkenntnisse, beschloss ich, einen Selbstversuch. Das Handy blieb den ganzen Urlaub über ausgeschaltet im Hotel. Kann doch nicht sein, dass ich entwickelter Mensch mich vom ältesten Teil meines Hirns lenken lasse, sollte Evolution nicht vor allem Neues bringen?!

Fazit:

Ich habe voll abgeschaltet und mich ganz von zu Hause, meinem Alltag, losgelöst. Ich war einfach da, vor Ort. Wartezeiten konnten nicht mit Facebook oder sonstigen Messages checken überbrückt werden. Dafür war ich ganz da, bei den realen Menschen vor Ort, bei dem Ort an dem ich bin. Es gab mehr Zeit die herrliche Umgebung zu betrachten. An einem schönen Strand kam ich nicht in Versuchung, Schnappschüsse für die armen Daheimgebliebenen zu schiessen. Ich habe einfach die Schönheit in mich aufgesogen. Abends im Hotel habe ich nicht die neusten Nachrichten gelesen um zu sehen, was in der Welt so los ist. Sondern ich habe den Tag nochmals auf mich wirken lassen und der Sonne beim Untergehen zugeschaut.

Erholsame friedliche Glückseligkeit!

Dies ist nicht der erste Urlaub, in dem mir auffällt wie viel höher die Erholung ausfällt, wenn die moderne Technologie nicht zugänglich ist. Sein und Abschalten möglich werden. Und so habe ich nach meinem Urlaub, moderne Technologie sei Dank, noch etwas nachgeforscht über die Erkenntnisse von Herrn Compernolle.

Was passiert, wenn wir nicht ständig mittels neuer Technologien mit allem und allen verbunden sind? Was passiert, wenn wir uns eine Pause von der Aktivität gönnen? Was macht das einfach SEIN mit uns?

Unser Gehirn hat Zeit zum Arbeiten! Genauer gesagt zum Verarbeiten. In jeder kleinsten Pause machen sich unsere unzähligen Neuronen an die Arbeit und Sortieren und Speichern die unzähligen Eindrücke die unser Hirnstamm kontinuierlich aufnimmt. Schließlich wollen wir ja nicht alles in unserem Langzeitgedächtnis abspeichern. Ohne diesen Filterprozess würden wir in Informationen ertrinken. Gönnen wir uns Ruhe, kann das Hirn die für uns wichtigen Informationen herausfiltern und abspeichern. Dies passiert während wir schlafen, sowie bei jeder Pause die wir uns gönnen. Wollen wir, dass unser Hirn effizient arbeitet, sollten wir uns also Pausen gönnen und nicht jeden leeren Moment mit dem Handy auffüllen!

Ruhe und Pausen haben noch weitere positive Auswirkungen auf unser Gehirn. Wann hast Du denn so deine kreativsten Einfälle? Ich meist auf dem Fahrrad, draussen in der Natur oder beim Tee trinken.

Pausen machen kreative Einfälle erst möglich! Denn nun kann das Hirn die abgespeicherten Infos durchgehen und ggf frisch und neu kombinieren. Das kann nur passieren, wenn wir unser Hirn nicht ständig mit Ablenkung füttern oder mit Denken beschäftigen. Neues kann entstehen, wenn wir uns dem Sein hingeben. Wenn wir uns Momente der Stille und des Stillstands gönnen. Hier wird’s spannend! Das wussten die alten Yogis schon lange, nun ist es auch wissenschaftlich belegt 😉

Abschalten heisst also eigentlich Einschalten!

Mehr denn je bin ich tief überzeugt, dass es für unsere Entwicklung, sowie unsere Kreativität, entscheidend ist, dass wir uns Auszeiten gönnen: Pausen, Stille, Ruhe, Stillstand. Wie auch immer wir es nennen mögen. Momente in denen wir einfach sind, im Moment, Hier und Jetzt, nirgendwo sonst. Momente in denen wir einfach betrachten, staunen, atmen. Momente in denen vermeintlich nichts passiert. Aber wie wir nun wissen, unser Hirn ruht nie. Es passieren ganz wesentliche Dinge, wenn wir nichts tun. Ganz zu schweigen davon, was aus unserem Inneren heraus entstehen kann, wenn wir uns denn mal Raum geben.

Wem das Nichts tun schwer fällt, der sollte es mal mit Körperarbeit versuchen. Die Akupressur beispielsweise fördert den Ausgleich des Qi und bringt dadurch tiefe Entspannung und Regeneration auf allen Ebenen (Körper, Kopf, Seele). Einfach sein fällt dadurch leichter. Und angeleitet durch eine Therapeutin, lässt sich ein Moment der Stille und Ruhe während der Behandlung besser erfahren. Auch das Nichts tun kann man lernen 😉